Die Toskana des Bistums
LIMBURG.- Der Rheingau ist einer der bekanntesten touristischen Hotspots in Deutschland. Das Niederwald-Denkmal, der Rheinsteig und die Weinberge ziehen jährlich Zehntausende Touristen an den Rhein. Dagegen benennt Bezirksreferentin Heidi Gielsdorf das "große katholische Erbe" als eines der herausragenden Merkmale des Rheingaus. "Wenn man durch den Rheingau fährt, dann sieht man die Schätzchen in jedem Ort - all diese alten Kirchen und Klöster."
Die Kultur, der Wein und natürlich der Rhein - für Gielsdorf drei zentrale Elemente, die das Leben im Rheingau prägen. Als "fast schon mediterran" bezeichnet Gielsdorf das Flair ihrer Heimat. "Es gibt zum Beispiel den Kapellengarten in Geisenheim, da ist der Weinberg mitten im Ort. Wenn Sie da im Frühsommer sitzen, es wird Abend, dazu ein Glas Wein in der Hand - da fühlt man sich schon fast wie am Mittelmeer", schwärmt sie von ihrer Heimat. Nicht umsonst habe Bezirksdekan Georg Franz den Rheingau als die "Toskana des Bistums Limburg" bezeichnet.
Aktive Pfarreien neuen Typs
Zwei Pfarreien neuen Typs mit etwa 30.000 Katholiken gibt es im 266 Quadratkilometer großen Bezirk Rheingau: Heilig Kreuz Rheingau mit der Pfarrkirche Heilig Kreuz in Geisenheim und die Pfarrei Peter und Paul Rheingau mit der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Eltville. "Ich habe das Gefühl, dass die Neugründungen hier recht gut gelaufen sind", sagt Gielsdorf. Der Vorteil der "Pfarrei neuen Typs" sei, so Gielsdorf, dass die Gläubigen die Angebote aus vielen Kirchorten wahrnehmen könnten. Dabei solle aber jeder Kirchort sein eigenes Profil, seine eigene Tradition - wie zum Beispiel die Wallfahrten - behalten und vertiefen.
Auch die Lokale Kirchenentwicklung sei eines der prägenden Themen in den Pfarreien. "Das ist eines der Jahresthemen im Bezirkssynodalrat", so Gielsdorf. "Da haben unsere Pfarreien sich ein bisschen ausprobiert, zum Beispiel mit Nightfever in Rüdesheim, also einem offenen Gebetsabend für Jugendliche in der Kirche."
Lokales Brauchtum trifft starkes Engagement
Das katholische Erbe ist im Rheingau spürbar, mit dem Kloster Marienthal steht hier einer der ältesten Wallfahrtsorte Deutschlands, im Kloster Eibingen wirkt mit Äbtissin Dorothea Flandera die 40. Nachfolgerin der heiligen Hildegard. Viele Kirchen und Kapellen haben ihre Wurzeln im 12. oder 13. Jahrhundert.
Auf den zahlreichen Wanderwegen treffen Touristen zwangsläufig auf diese katholischen Wurzeln. Der Rheinsteig verläuft an der Abtei St. Hildegard. Kirchliche Ziele, nämlich das Kloster Eberbach und das Kloster Marienhausen, verbindet der Klostersteig. Und seit einigen Jahren gibt es im Rheingau einen eigenen Hildegardweg. Nicht nur deswegen ist das obere Mittelrheintal seit 2002 UNESCO-Weltkulturerbe. Doch auch die heimischen Rheingauer haben immer wieder Berührungspunkte mit der Kirche.
"Das Vincenzstift zählt sicherlich zu den größten Arbeitgebern im Rheingau, daher ist die Kirche auch tief in der Lebenswirklichkeit der Menschen verwurzelt", erklärt Gielsdorf. In dem integrativen Wohnstift und in den Außenwohngruppen leben junge und alte Menschen mit Beeinträchtigung. Auch Altbischof Franz Kamphaus hat hier seinen Alterssitz. Doch auch das Ehrenamt sei stark, erklärt die Bezirksreferentin. Jeder Ort habe seine lokalen Brauchtümer, dazu gehörte das Engagement in der Kolping-Familie, in der Flüchtlingshilfe oder bei der Ehrengarde.
Zu den lokalen Brauchtümern zählen auch zahlreiche Wallfahrten. So reicht die Valentinus-Wallfahrt zurück bis ins 14. Jahrhundert. Die Kirche St. Valentinus in Kiedrich ist - wegen ihrer herausragenden Bedeutung für das Umland - von Papst Benedikt XVI. 2010 zur basilica minor erhoben worden.
Das neueste Projekt ist die Hildegard-Wallfahrt vom 10. Mai bis 7. Oktober, organisiert von der Pfarrei Heilig Kreuz Rheingau und der Abtei St. Hildegard. Anita Weiler vom katholischen Bezirksbüro erläutert: "Auch die Heilige Hildegard zählt sicher den prägenden Elementen hier im Rheingau, liegt aber noch ein bisschen im Dornröschenschlaf. Das wollen wir auch mit der Wallfahrt ändern."(hm)